Kosten für die Anmietung eines Ersatztaxis

Wird bei einem Verkehrsunfall ein Fahrzeug beschädigt, kann sich der Unfallbeteiligte für die Dauer der Reparatur (oder Neubeschaffung) eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen lassen, oder einen Ersatzfahrzeug zu marktüblichen Preisen anmieten. Wenn aber ein gewerblich genutztes Fahrzeug beschädigt wird, z.B. ein Taxi, reichen diese Möglichkeiten nicht aus. Weil die Anmietung von voll ausgestatteten Taxis sehr teuer ist, entstand Streit über die Frage, ob die erstattungsfähigen Kosten „gedeckelt“ werden können. „Nein“, entschied jüngst das Landgericht Lübeck: die Anmietung eines Ersatztaxis ist selbst dann nicht als unverhältnismäßig anzusehen, wenn der Tagessatz des angemieteten Taxis den nachgewiesenen durchschnittlichen Tagesumsatz erheblich übersteigt.

LG Lübeck, Urteil vom 15.1.2021, Az: 17 O 345/19

Noch zwei Mal § 23 Ia StVO

Die eine Entscheidung betrifft die Definition eines elektronischen Geräts, wie hier schon oft aufgegriffen. Dieses Mal hat das Kammergericht in Berlin entschieden, dass auch eine Digitalkamera mit verschiedenen Menüfunktionen als ein solches einzustufen ist. Die Nutzung während der Fahrt ist folglich untersagt und bußgeldbewehrt.

KG, Beschluss vom 9.11.2020, Az: 3 Ws (B) 262/20

Die andere Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln betrifft einen anderen Aspekt der Vorschrift, nämlich was unter dem Wort „halten“ zu verstehen ist. Der Betroffene hatte sich dahingehend verteidigt, dass er das Gerät (ein Mobiltelefon) zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt. Keine Chance auf Freispruch, urteilte das Gericht. Auch ein eingeklemmtes Händy wird im gesetzessinne gehalten.

OLG Köln, Beschluss vom 4.12.2020, Az: 1 RBs 347/20

Provozierter Unfall

Ein Autofahrer hatte sich so sehr über das Fahrmanöver eines LKW geärgert, dass er diesen überholte und dann mehrfach gezielt ausbremste. Schließlich kam es zum Auffahrunfall, durch den beide Fahrzeuge erheblich beschädigt wurden. Der Haftpflichtversicherer des Pkw weigerte sich, die den Schaden am Pkw zu zahlen.

Das Landgericht Bochum hat in dem anschließenden Rechtsstreit entschieden, dass eine Zahlungspflicht der Versicherung nicht besteht. Aufgrund seines Verhalten stehe fest, dass der Pkw-Fahrer die Beschädigungen am Lkw billigend in Kauf genommen hat. Aus diesem Grund ist der Versicherer gem. § 103 VVG von der Leistung befreit.

LG Bochum, Urteil vom 14.1.2021, Az: I 8 O 428/19

Kein Haftpflichtschaden bei Beschädigung des eigenen Fahrzeugs

Der Kläger hatte das Auto eines Bekannten ausparken wollen und dabei seinen eigenen Wagen, der dort ebenfalls geparkt war, beschädigt. Er fordert Ersatz des Schadens an seinem Fahrzeugs von der Versicherung des Pkw, den er selbst gelenkt hatte. Er argumentiert, dass er das Auto des Beklagten nur in dessen Interesse bewegt habe.

Die Sache ging bis zum BGH. Dieser urteilte, dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Nr. 2 StVO greift, demzufolge eine Haftung ausgeschlossen ist, wenn der Geschädigte selbst beim Betrieb des den Schaden verursachenden Fahrzeugs tätig war. Nach Ansicht des BGH ist diese Vorschrift eng auszulegen.

BGH, Urteil vom 12.1.2021, Az: VI ZR 662/20

Kollision beim Auffahren auf die Autobahn

Bei den meisten Autofahrern scheint weitestgehend unbekannt zu sein, dass der auf eine Autobahn Auffahrende keine Vorfahrt hat, sondern die auf dem Hauptfahrstreifen Fahrenden bevorrechtigt sind. Anders ist es nicht zu erklären, dass Verkehrsteilnehmer fast reflexartig auf die linke Fahrspur wechseln, wenn sie sich einer Anschlussstelle nähern.

Gegebenenfalls muss der Auffahrende am Ende der Beschleunigungsspur anhalten, um den Verkehr auf der Autobahn passieren zu lassen. (Weil es dann aber schwierig wird, nach dem nächsten Anfahren auf Autobahngeschwindigkeit zu beschleunigen, wird meistens angeraten, am Ende des Beschleunigungsstreifens auf die Standpur zu fahren und sich von dort aus einzufädeln. Das ist zwar ordnungswidrig; wird aber weniger streng geahndet und ist sicherer.

Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein vom Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn Auffahrender auch dann haftet, wenn er sich in eine Lücke im fließenden Verkehr einfädelt; es dabei aber zu einer Kollision kommt. Richtig.

OLG Hamm, Beschluss vom 19.5.2020, Az: I 9 U 23/20

Besteht eine Pflicht zur Inanspruchnahme der Kasko-Versicherung?

Die Frage stellt sich häufig. Man wurde – vermeindlich unverschuldet – in einen Verkehrsunfall verwickelt und vertraut darauf, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den eigenen Schaden regulieren wird. Unfallnebenkosten, wie zum Beispiel eine Nutzungsaufallentschädigung oder Mietwagenkosten für ein Ersatzfahrzeug fallen an. Ist man jetzt im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten, die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, damit der Schaden schnellstmöglich repariert werden kann und der Nutzungsausfallschaden gering bleibt?

Nein, sagt der BGH, das muss man nicht. Die Vollkaskoversicherung wird für den Schutz des Versicherungsnehmers abgeschlossen und nicht, um einen Schädiger zu schützen. Dem Unfallbeteiligten steht es frei, ob er seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nimmt oder nicht.

BGH, Urteil vom 17.11.2020, Az: VI ZR 569/19