Traktor blinkt – unklare Verkehrslage

Es besteht für den Überholenden eine unklare Verkehrslage, wenn ein vorausfahrender Traktor nach links blinkt. Der nachfolgende Verkehr muss stets damit rechnen, dass der Traktor kurzfristig abbiegt, und zwar auch ohne vorheriges Einordnen nach links. Kommt es in dem Zusammenhang mit dem Abbiegevorgang zum Unfall haftet auch der nachfolgende Verkehr.

OLG Schleswig, Beschluss vom 26.7.2023, Az: 7 U 42/23

Erstattung von Anwaltsgebühren bei Verkehrsunfall

Wer sich für die Abwicklung eines Verkehrsunfalls der Hilfe eines Anwalts bedient hat Anspruch auf Erstattung der durch die Beauftragung entstandenen Kosten, wenn der Unfall unverschuldet war. Das ist gängige Rechtssprechung (zuletzt BGH, Urteil vom 29.10.2019, Az: VI ZR 45/19) und wurde so auch aktuell vom Oberlandesgericht Braunschweig gesehen. Der Einwand des Unfallgegners, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall gehandelt habe und daher die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig sei, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Immer, wenn auch die Höhe der Schadensersatzforderung streitig ist, müssen die Anwaltskosten erstattet werden.

OLG Braunschweig, Urteil vom 28.4.2023, Az: 1 U 16/22

Anhänger beschädigt Haus – Haftung

Ein am Straßenrand ordnungsgemäß abgestellter Anhänger wird von einem Pkw gerammt, der zu schnell durch eine Kurve fährt. Durch die Kollision wird der Anhänger in Bewegung gesetzt und kollidiert mit einem Grundstückstor und dann mit einer Hauswand. Die Frage, wer für den Schaden aufzukommen hat (die Gebäudeversicherung oder die Haftpflichtversicherung des Anhängers) war nun vom BGH zu entscheiden.

Es haftet der Versicherer des Anhängers mit der Begründung, dass sich auch ein an der Straße abgestellter Anhänger „im Betrieb“ befindet und sich eine typische Gefahr realisiert, wenn sich der Anhänger aufgrund eines Unfalls „selbstständig macht“.

BGH, Urteil vom 7.2.2023, Az: VI ZR 87/22

Haftung bei „Touristenfahrt“ auf der Nordschleife

Das Landgericht Koblenz hatte in einem Schadensersatzprozess unter anderem über die Frage zu entscheiden, ob den Fahrer eines Sportwagens bei einer sogenannten Touristenfahrt auf der Nordschleife des Nürburgrings ein Mitverschulden trifft, nur weil er mit diesem Sportwagen auf einer Rennstreckenartigen Straße fährt. Die Frage wurde bejaht und das Mitverschulden in Form einer Gefährdungshaftung mit 25 % angenommen. Im Fall hatte ein vorausfahrendes Fahrzeug Öl verloren, weshalb der Kläger von der Fahrbahn abgekommen war und sein Fahrzeug beschädigt wurde.

LG Koblenz, Urteil vom 3.11.2022, Az: 10 O 39/20

Kein Nutzungsausfall bei Prestigeverlust

Wenn ein Pkw durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall beschädigt wird steht dem Eigentümer für die Dauer der Reparatur eine sogenannte Nutzungsausfallentschädigung zu. Pro Tag erhält er einen Betrag zwischen 29 und 99 Euro, je nachdem welcher Typ Fahrzeug beschädigt wurde.

In einem vom BGH entschiedenen Fall verlangte die Eigentümerin eines Porsche Turbo S Cabriolets 175 € pro Tag mit der Begründung, dass sie während der Zeit, in der sie das Fahrzeug nicht nutzen konnte, mit einem 3er BMW fahren musste. Das Gericht lehnte den Anspruch ab mit der Begründung, dass eine Nutzungsausfallentschädigung nur gezahlt werden müsse, wenn die Entbehrung der Nutzung auch fühlbar sei und dem Geschädigten die Nutzung des anderen Fahrzeugs zumutbar sei. Hierbei kommt es auf das Prestige des ausgefallenen Fahrzeugs nicht an, weil es hierbei um die Lebensqualität erhöhende Vorteile geht, die keinen ersatzfähigen materiellen Wert darstellen.

BGH, Urteil vom 11.10.2022, Az: VI ZR 35/22

„Werkstattrisiko“ bei Reparaturkostenersatz

Gegenstand des BGH-Urteils war die Frage, wer die Werkstattkosten zu tragen hat, die aufgrund von unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise entstanden sind. Der Geschädigte hatte sein Fahrzeug zur Reparatur abgegeben und der Haftpflichtversicherer hatte später gerügt, dass die Reparaturrechnung deutlich höher ausgefallen war, als bei vergleichbaren Werkstätten zu erwarten gewesen wäre. Weil den Unfallgeschädigten aber kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden im Hinblick auf die ausgewählte Werkstatt traf, entschied der BGH, dass der Haftpflichtversicherer die übersteigenden Kosten und somit das „Werkstattrisiko“ zu tragen habe.

BGH, Urteil vom 26.4.2022, Az. VI ZR 147/21