Verschulden bei Kettenauffahrunfällen

Bei einfachen Auffahrunfällen gilt der sogenannte Anscheinsbeweis: „Wer auffährt hat schuld“. Hintergrund ist die Überlegung, dass der Auffahrende nicht aufgefahren wäre, wenn er Abstands- und Geschwindigkeitsregeln eingehalten hätte und Aufmerksam gewesen wäre.

Bei Kettenauffahrunfällen ist es schon schwieriger, die Schuldfrage im Nachhinein zu klären. Das OLG Koblenz stellte hierzu fest: Nur wenn sicher ist, dass das vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen wäre, kann der Anscheinsbeweis zum Nachteil des Auffahrenden gelten. Wenn nämlich der Anhalteweg des vorausfahrenden Fahrzeugs künstlich durch die Kollision mit dem davor fahrenden Pkw verkürzt wurde, kann dem Nachfolgenden kein Verschulden angelastet werden.

OLG Koblenz, Urteil vom 16.11.2020, Az: 12 U 207/19