BGH: Kein „Rechts-vor-Links“ auf Parkplätzen

Treffen sich zwei Straßen gilt für die Verkehrsteilnehmer die Vorfahrtsregelung „Rechts-vor-Links“, wenn keine zusätzlichen Schilder vorhanden sind (§ 8 Abs. 1 StVO). Eine Übertragbarkeit dieser Regel auf den Verkehr auf einem Parkplatz hat der BGH jüngst verneint. Es gilt vielmehr das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn auf dem Parkplatz eindeutig Fahrspuren vorhanden sind, denen ein eindeutiger Straßencharakter zukommt.

BGH, Urteil vom 22.11.2022, Az: VI ZR 344/21

Fahrerlaubnisentzug wegen Falschparken

Die Überschrift ist zugegebenermaßen etwas irreführend, aber nicht falsch. Das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bestätigt, welche dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen hatte, weil dieser 174 (!) Verkehrsordnungswidrigkeiten innerhalb eines Jahres begangen hatte. Davon waren 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Das Gericht stützt seine Entscheidung auf § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach könne die Fahrerlaubnis u.a. entzogen werden, wenn ihr Inhaber wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen habe und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. 

VG Berlin, Urteil vom 28.10.2022 – 4 K 456/21

Wann ist eine Rettungsgasse zu bilden?

Der Zeitpunkt, wann man mit seinem Pkw an den rechten oder linken Rand der Fahrspur zu fahren hat damit eine Rettungsgasse entsteht definiert § 11 Abs. 2 StVO: Eine Rettungsgasse ist zu bilden „sobald Fahrzeuge… mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden.“

Das OLG Oldenburg sieht daher keine Möglichkeit, ein Zögern zu rechtfertigen und hat entschieden, dass eine Überlegungsfrist nicht besteht, die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse vielmehr sofort eingreift, nachdem die im Gesetz beschriebene Verkehrssituation eingetreten ist.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.9.2022 – 2 Ss (OWi) 137/22

Betrunkener Mitfahrer auf E-Scooter

Fahren zwei Personen auf einem E-Scooter und hält sich der absolut fahruntüchtige Mitfahrer, der hinter dem Fahrer steht, mit am Lenker fest, begeht dieser eine strafbare Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB.

LG Oldenburg, Beschl. v. 7.11.2022 – 4 Qs 368/22

Wenn der E-Scooter als Tretroller genutzt wird

Wer einen unversicherten E-Scooter ohne Fahrerlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr wie einen einfachen Tretroller mit bloßer Muskelkraft fortbewegt, verhält sich selbst dann weder strafbar noch ordnungswidrig, wenn er zuvor Drogen konsumiert hat, ohne Ausfallerscheinungen zu zeigen. (Leitsatz des Gerichts)

LG Hildesheim, Urt. v. 20.9.2022 – 13 Ns 40 Js 25077/21

Kein verbotenes Rennen bei Flucht vor Polizei

In sog. Polizeiflucht-Fällen verwirklicht der verfolgte Kraftfahrzeugführer zwar möglicherweise den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens in der Alternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB (Einzelrennen), eine Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt jedoch mangels Wettbewerbscharakters und konkludenter Rennabsprache nicht vor.

OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2022 – 1 Ss 199/22