Gewerbemietrecht: Lockdown gilt als Wegfall der Geschäftsgrundlage

Bereits seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ist es bei den erstinstanzlichen Gerichten sehr stark umstritten, wie sich dieser auf den Mietvertrag auswirkt.

Zum Teil wird davon ausgegangen, es liege ein Mangel der Mietsache vor (LG München I BeckRS 2020, 28189; s.a. OLG Nürnberg BeckRS 2020, 29175). Das Landgericht Heidelberg (LG Heidelberg BeckRS 2020, 19165), das LG Mönchengladbach (LG Mönchengladbach BeckRS 2020, 30731), das LG München 34. ZK (BeckRS 2020, 29556) und das LG Münster (unveröffentlichter Hinweis im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) gehen von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage durch die gegenwärtigen Pandemielage aus. Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zur Unzumutbarkeit der unveränderten Fortsetzung
des Mietvertrages werden hierbei durchaus unterschiedlich gesehen. Demgegenüber ist das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt BeckRS 2020, 26613) der Auffassung, die coronabedingte Schließung falle in den Risikobereich des Mieters, so dass ein Rückgriff
auf § 313 BGB ausscheide (vgl. a. LG Zweibrücken BeckRS 2020, 24356; AG Köln 2020, 32288).

Der Gesetzgeber hat versucht nunmehr für Klarheit zu sorgen. Seit dem 31.12.2020 gilt die gesetzliche Vermutung, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegt.

Nach wie vor nicht klar ist jedoch, auf welchen Zeitraum sich diese Vermutungsregelungen bezieht. Sind hiervon auch die Fälle aus dem Frühjahr 2020 umfasst oder nur Ansprüche ab dem 01.01.2021? Weiterhin offen ist auch die Rechtsfolge. Das Spektrum der Rechtsfolgen des § 313 reicht von einem schlichten Festhalten am derzeitigen Vertrag über eine Stundung oder Herabsetzung der Miete bis hin zu einem Recht auf Kündigung. Die Ansicht, einer hälftigen Teilung des Risikos wird hierbei von zahlreichen Gerichten vertreten und genießt den Vorzug.

Die Vormiete nach § 556e BGB

Um den immer weiter steigenden Mieten entgegen zu wirken, können die einzelnen Länder eine Mietpreisbremse beschließen. Nach § 556d Abs. 1 BGB darf bei einer Neuvermietung die Miete lediglich 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Eine Ausnahme besteht nach § 556e Abs. 1 BGB nur ,sofern die zuletzt geschuldete Miete (Vormiete), bereits höher war. Dann darf bei einer Neuvermietung auch die höhere Vormiete verlangt werden.

Doch wie verhält es sich, wenn der Wohnraum zwischenzeitlich als Bürofläche vermietet wurde? Die Klägerin mietete im Mai 2016 eine Wohnung in Berlin für 950,00€. Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt jedoch nur 695,00€. Im vorangehenden Mietverhältnis wurden die Räume als Büro genutzt. Im davor liegenden Mietverhältnis zahlte die Vorvormieterin für die Räume zu Wohnzwecken 950,00€.

Laut BGH kann sich der Vermieter nicht auf diese Vormiete beziehen. Entscheidend ist nur das unmittelbar vorangehende Mietverhältnis. Zudem muss es sich hierbei um ein Wohnraummietverhältnis gehandelt haben, denn § 556e Abs. 1 BGB erlaubt auf Grund seiner Bezugnahme auf § 556d Abs.1 BGB kein anderes Verständnis, also auch kein Zurückgreifen auf das Vorvormietverhältnis.

BGH, Urteil v. 19.08.2020 – VIII ZR 374/18

EuGH bestätigt das Verbot von Ferienwohnungen in Ballungsräumen

Vor allem in europäischen Großstädten ist Wohnraum knapp und teuer. Verschlimmert wird die Lage dadurch, dass viele Eigentümer ihre Wohnungen lieber zu touristischen Zwecken kurzfristig vermieten.

Nationale Gesetzgeber und betroffene Gemeinden haben daher derartige Kurzzeitvermietung ohne eigenen Wohnsitz gänzlich verboten oder machen diese von einer Genehmigung abhängig. Dies stößt auf massiven Widerstand von Vermietern und Vermittlern.

Der EuGH (NZM 2020. 878) hat nunmehr für die Stadt Paris entschieden, dass derartige Beschränkungen zum Wohle der allgemeininteressen zulässig sein könnten, wenn die Versorgung mit Wohnraum zu „erschwinglichen“ Konditionen gefährdet ist.

WEG: Eigentümerversammlung trotz Covid-19

Auch während der Corona-Pandemie ist es unzulässig, die Teilnehmerzahl einer Eigentümerversammlung zu beschränken.

Der Verwalter einer WEG in Kassel lädt zu einer Eigentümerversammlung ein. Unter Bezugnahme auf die derzeitigen Abstandsregelungen und der Größe des Veranstaltungsraumes weist er in der Einladung auf eine begrenzte Teilnehmerzahl hin und bittet vorab den Mitgliedern des Verwaltungsbeirates oder ihn selbst zu bevollmächtigen. Des Weiteren behält er sich vor, bei einer Überschreitung der Teilnehmerzahl, die Versammlung abzubrechen.

Die Versammlung wird wie geplant durchgeführt und Beschlüsse gefasst, die im Wege des Eilrechtsschutzes angefochten werden.

Das AG Kassel untersagt daraufhin die Umsetzung der Beschlüsse. Da das Teilnahme- und Stimmrecht der Wohnungseigentümer als dem Kernbereich ihrer Rechtsstellung zuzuordnen nicht beschränkt werden darf, führen Verstöße regelmäßig zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse. Auch die Corona-Pandemie rechtfertig ein derartiges Vorgehen nicht, da Eigentümerversammlungen nicht gänzlich verboten sind, sondern im definierten Regelumfang durchgeführt werden können.

AG Kassel, 27.08.2020 – 800C 2563/20

WEG: Kein Sondereigentum in Räumen mit Gemeinschaftsanlagen

Gemäß § 5 Abs. 2 WEG kann an Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, kein Sondereigentum gebildet werden, was nicht nur für die Anlagen und Einrichtungen selbst gilt, sondern auch für die Räumen, in denen sie sich befinden.

Die WEG wollte einem Raum, in dem sich sämtliche Elektrozähler der einzelnen Sondereigentumseinheiten befanden, dem Sondereigentum eines Eigentümers zuordnen. Dies wurde vom OLG München untersagt.

OLG München, Beschluss v. 25.05.2020 – 34Wx263/18

Anforderungen an die Modernisierungsankündigung dürfen nicht überspannt werden

Wenn ein Vermieter die Wohnung modernisieren möchte, muss er dies dem Mieter 3 Monate vor Beginn der Arbeiten ankündigen und ein „in wesentlichen Zügen“ über die beabsichtigten Maßnahmen informieren.

Der BGH hat die Anforderungen an diese Ankündigung geschwächt. Die Ankündigung hat zwar am Informiationsbedürfnis des Vermieters anzusetzen, das Modernisierungsrecht des Vermieters darf dabei aber nicht unnötig eingeschränkt werden. Daher dürfen die Gerichte „die Messlatte“ nicht all zu hoch ansetzen. Es reicht aus, wenn der Mieter in groben Zügen erkennen kann, welche Auswirkungen auf den Mitgebrauch eintreten, welches Energieeinsparungspotential erreicht werden kann und welche Mieterhöhung zu erwarten ist.

BGH, Uerteil v. 20.05.2020 – VIII ZR 55/19