Aktuelles

Haftung bei „Touristenfahrt“ auf der Nordschleife

Das Landgericht Koblenz hatte in einem Schadensersatzprozess unter anderem über die Frage zu entscheiden, ob den Fahrer eines Sportwagens bei einer sogenannten Touristenfahrt auf der Nordschleife des Nürburgrings ein Mitverschulden trifft, nur weil er mit diesem Sportwagen auf einer Rennstreckenartigen Straße fährt. Die Frage wurde bejaht und das Mitverschulden in Form einer Gefährdungshaftung mit 25 % angenommen. Im Fall hatte ein vorausfahrendes Fahrzeug Öl verloren, weshalb der Kläger von der Fahrbahn abgekommen war und sein Fahrzeug beschädigt wurde.

LG Koblenz, Urteil vom 3.11.2022, Az: 10 O 39/20

Schäden nach Sex auf der Motorhaube

Ein unbekanntes Paar hatte Sex auf der Motorhaube eines Pkw, der in einem öffentlichen Parkhaus abgestellt war. Der Eigentümer des Fahrzeugs nahm daraufhin den Parkhausbetreiber auf Schadensersatz in Anspruch, weil die Motorhaube durch den Akt beschädigt worden war. Zu Unrecht, wie das Landgericht Köln entschieden hat.

Landgericht Köln, Urteil vom 9.1.2023, Az: 21 O 302/22

BGH: Kein „Rechts-vor-Links“ auf Parkplätzen

Treffen sich zwei Straßen gilt für die Verkehrsteilnehmer die Vorfahrtsregelung „Rechts-vor-Links“, wenn keine zusätzlichen Schilder vorhanden sind (§ 8 Abs. 1 StVO). Eine Übertragbarkeit dieser Regel auf den Verkehr auf einem Parkplatz hat der BGH jüngst verneint. Es gilt vielmehr das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn auf dem Parkplatz eindeutig Fahrspuren vorhanden sind, denen ein eindeutiger Straßencharakter zukommt.

BGH, Urteil vom 22.11.2022, Az: VI ZR 344/21

Fahrerlaubnisentzug wegen Falschparken

Die Überschrift ist zugegebenermaßen etwas irreführend, aber nicht falsch. Das Verwaltungsgericht Berlin hat eine Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bestätigt, welche dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen hatte, weil dieser 174 (!) Verkehrsordnungswidrigkeiten innerhalb eines Jahres begangen hatte. Davon waren 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Das Gericht stützt seine Entscheidung auf § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Danach könne die Fahrerlaubnis u.a. entzogen werden, wenn ihr Inhaber wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen habe und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. 

VG Berlin, Urteil vom 28.10.2022 – 4 K 456/21

Wann ist eine Rettungsgasse zu bilden?

Der Zeitpunkt, wann man mit seinem Pkw an den rechten oder linken Rand der Fahrspur zu fahren hat damit eine Rettungsgasse entsteht definiert § 11 Abs. 2 StVO: Eine Rettungsgasse ist zu bilden „sobald Fahrzeuge… mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden.“

Das OLG Oldenburg sieht daher keine Möglichkeit, ein Zögern zu rechtfertigen und hat entschieden, dass eine Überlegungsfrist nicht besteht, die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse vielmehr sofort eingreift, nachdem die im Gesetz beschriebene Verkehrssituation eingetreten ist.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.9.2022 – 2 Ss (OWi) 137/22

Betrunkener Mitfahrer auf E-Scooter

Fahren zwei Personen auf einem E-Scooter und hält sich der absolut fahruntüchtige Mitfahrer, der hinter dem Fahrer steht, mit am Lenker fest, begeht dieser eine strafbare Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB.

LG Oldenburg, Beschl. v. 7.11.2022 – 4 Qs 368/22

Wenn der E-Scooter als Tretroller genutzt wird

Wer einen unversicherten E-Scooter ohne Fahrerlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr wie einen einfachen Tretroller mit bloßer Muskelkraft fortbewegt, verhält sich selbst dann weder strafbar noch ordnungswidrig, wenn er zuvor Drogen konsumiert hat, ohne Ausfallerscheinungen zu zeigen. (Leitsatz des Gerichts)

LG Hildesheim, Urt. v. 20.9.2022 – 13 Ns 40 Js 25077/21

Kein verbotenes Rennen bei Flucht vor Polizei

In sog. Polizeiflucht-Fällen verwirklicht der verfolgte Kraftfahrzeugführer zwar möglicherweise den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens in der Alternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB (Einzelrennen), eine Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt jedoch mangels Wettbewerbscharakters und konkludenter Rennabsprache nicht vor.

OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2022 – 1 Ss 199/22

Kein Nutzungsausfall bei Prestigeverlust

Wenn ein Pkw durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall beschädigt wird steht dem Eigentümer für die Dauer der Reparatur eine sogenannte Nutzungsausfallentschädigung zu. Pro Tag erhält er einen Betrag zwischen 29 und 99 Euro, je nachdem welcher Typ Fahrzeug beschädigt wurde.

In einem vom BGH entschiedenen Fall verlangte die Eigentümerin eines Porsche Turbo S Cabriolets 175 € pro Tag mit der Begründung, dass sie während der Zeit, in der sie das Fahrzeug nicht nutzen konnte, mit einem 3er BMW fahren musste. Das Gericht lehnte den Anspruch ab mit der Begründung, dass eine Nutzungsausfallentschädigung nur gezahlt werden müsse, wenn die Entbehrung der Nutzung auch fühlbar sei und dem Geschädigten die Nutzung des anderen Fahrzeugs zumutbar sei. Hierbei kommt es auf das Prestige des ausgefallenen Fahrzeugs nicht an, weil es hierbei um die Lebensqualität erhöhende Vorteile geht, die keinen ersatzfähigen materiellen Wert darstellen.

BGH, Urteil vom 11.10.2022, Az: VI ZR 35/22