Aktuelles

Handyverbot gilt auch für Auslesegeräte

Ein Fahrzeugführer hatte im Rahmen einer Probefahrt ein mit einem Diagnosegerät verbundenes Auslesegerät während der Fahrt in der Hand gehalten. Es handelte sich um eine Fahrt im Rahmen seiner Berufsausübung mit einem Kundenfahrzeug.

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied, dass es sich um ein „elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist“ handelt. Für derartige Geräte gilt das Nutzungsverbot des § 23 Abs. 1a StVO.

OLG Schleswig, Beschluss vom 28.3.2023 Az: II ORbs 15/23

Erstattung von Anwaltsgebühren bei Verkehrsunfall

Wer sich für die Abwicklung eines Verkehrsunfalls der Hilfe eines Anwalts bedient hat Anspruch auf Erstattung der durch die Beauftragung entstandenen Kosten, wenn der Unfall unverschuldet war. Das ist gängige Rechtssprechung (zuletzt BGH, Urteil vom 29.10.2019, Az: VI ZR 45/19) und wurde so auch aktuell vom Oberlandesgericht Braunschweig gesehen. Der Einwand des Unfallgegners, dass es sich um einen einfach gelagerten Fall gehandelt habe und daher die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig sei, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Immer, wenn auch die Höhe der Schadensersatzforderung streitig ist, müssen die Anwaltskosten erstattet werden.

OLG Braunschweig, Urteil vom 28.4.2023, Az: 1 U 16/22

Fiktive Schadensbemessung im Mietrecht

Hat der Vermieter nach Auszug des Mieters einen Schaden an der Mietsache festgestellt (und innerhalb der Frist von 6 Monaten geltend gemacht), kann er diesen Schaden fiktiv geltend machen, also auf Basis eines Kostenvoranschlags abrechnen. Dieses sogar unabhängig davon, ob der Vermieter bereits tatsächlich mit der Beseitigung der Schäden begonnen hat.

BGH, Urteil vom 19.4.2023, Az: VIII ZR 280/21

Verjährung des Urlaubsanspruchs

Nach deutschem Arbeitsrecht verjähren Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers drei Jahre nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist. Diese Regelung wird jedoch von europäischem Recht überlagert, wie das Bundesarbeitsgericht mit einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden hat. Demzufolge beginnt die Verjährung nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hat. Zusätzlich ist vielmehr auch für den Beginn der Verjährungsfrist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen.

BAG, Urteil vom 20.12.2022, Az: 9 AZR 266/20

Parteifähigkeit einer gelöschten GmbH

Grundsätzlich endet die Parteifähigkeit einer GmbH, also die Möglichkeit, aktiv an einem Gerichtsprozess teilzunehmen, mit ihrer Löschung aus dem Handelsregister. Etwas anderes gilt, wenn die Löschung von Amts wegen aufgrund von tatsächlicher Vermögenslosigkeit erfolgt ist und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 2.3.2023, Az: 10 U 92/21

Kein Handy-Verstoß bei bloßer Umlagerung

Der Führer eines Kraftfahrzeugs verstößt auch dann nicht gegen § 23 Abs. 1a StVO, wenn er während der Fahrt ein Smartphone, mit dem er gerade ein Gespräch über eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs führt, ausschließlich zu dem Zweck aufnimmt, um es – etwa zum Schutz vor Beschädigungen – umzulagern.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.4.2023, Az: 1 ORbs 33 Ss 151/23

Ausgebauter Akku gerät in Brand – keine Haftung

Die Haftung des Halters eines Kfz (bzw. des Haftpflichtversicherers) besteht, wenn ein Schaden durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist. Vom BGH war die Frage zu beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, wenn ein Schaden dadurch entsteht, dass die ausgebaute und zum Aufladen vom Fahrzeug getrennte Batterie eines Elektrorollers in Brand gerät.

Der BGH verneinte eine Haftung mit der Begründung, dass es in diesem Fall an einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Einsatz der Batterie als Betriebseinrichtung des Fahrzeugs fehl.

BGH, Urteil vom 24.1.2023, Az: VI ZR 1234/20

Anhänger beschädigt Haus – Haftung

Ein am Straßenrand ordnungsgemäß abgestellter Anhänger wird von einem Pkw gerammt, der zu schnell durch eine Kurve fährt. Durch die Kollision wird der Anhänger in Bewegung gesetzt und kollidiert mit einem Grundstückstor und dann mit einer Hauswand. Die Frage, wer für den Schaden aufzukommen hat (die Gebäudeversicherung oder die Haftpflichtversicherung des Anhängers) war nun vom BGH zu entscheiden.

Es haftet der Versicherer des Anhängers mit der Begründung, dass sich auch ein an der Straße abgestellter Anhänger „im Betrieb“ befindet und sich eine typische Gefahr realisiert, wenn sich der Anhänger aufgrund eines Unfalls „selbstständig macht“.

BGH, Urteil vom 7.2.2023, Az: VI ZR 87/22

Haftung bei „Touristenfahrt“ auf der Nordschleife

Das Landgericht Koblenz hatte in einem Schadensersatzprozess unter anderem über die Frage zu entscheiden, ob den Fahrer eines Sportwagens bei einer sogenannten Touristenfahrt auf der Nordschleife des Nürburgrings ein Mitverschulden trifft, nur weil er mit diesem Sportwagen auf einer Rennstreckenartigen Straße fährt. Die Frage wurde bejaht und das Mitverschulden in Form einer Gefährdungshaftung mit 25 % angenommen. Im Fall hatte ein vorausfahrendes Fahrzeug Öl verloren, weshalb der Kläger von der Fahrbahn abgekommen war und sein Fahrzeug beschädigt wurde.

LG Koblenz, Urteil vom 3.11.2022, Az: 10 O 39/20